SPD-Fraktions-Vorsitzender Johannes Kemper:

Sehr geehrter Herr Bürgermeister, sehr geehrte Ratsmitglieder, verehrte Besucher und Vertreter der Presse.
Die Haushaltsberatungen 2020 sind ganz besondere. Es sind die letzten vor der Kommunalwahl im kommenden Jahr und es werden mit diesem Haushalt wichtige Weichen für die Zukunft unserer Stadt gestellt.

Ein integriertes Stadtentwicklungskonzept entspricht dem, was die SPD schon 2014 und 2015 gefordert hat. Es ist unsere Vorstellung von einer geordneten Innenstadtentwicklung, für die wir nur eine einzige Chance bekommen. Ich bin zuversichtlich, dass wir gemeinsam mit den verantwortungsbewussten Fraktionen dieses Stadtrates eine Lösung für unsere innerstädtischen Probleme, wie Ladenleerstände, fehlende Aufenthaltsqualität und teilweise inakzeptable Gebäudezustände entwickeln werden. Dabei brauchen wir professionelle Hilfe und die bereits genehmigten Fördermittel. Hier kann ich nur sagen: „Packen wir es gemeinsam an.“

Zu einer verantwortungsvollen Politik gehört aber auch, dass wir uns sachlich und inhaltlich mit allen Themen befassen müssen. Bündnis 90/Die Grünen, UWG und vor allem die Rechtspopulisten der AfD haben in Sachen Stadtpark genau das Gegenteil bewiesen. Ohne jegliche Sachkenntnis, unter Missachtung eines demokratischen gefassten Beschlusses und mit irreführenden, teilweise unwahren Behauptungen wird die Öffentlichkeit vorgeführt. Das kann auch der Deckmantel der Klimapolitik nicht schönen. Fakt ist, nicht nur der Name eines potentiellen Investors, die uns in Oer-Erkenschwick nicht gerade die Bude einrennen, Fakt ist auch, dass Niemand hier im Rat eine komplette Bebauung des Stadtparks gewollt hat oder in Zukunft will. Aber, meine Damen und Herren, es muss erlaubt sein, auch über unpopuläre Sachen mit der nötigen Sorgfalt diskutieren zu dürfen.

Von vornherein sämtliche Ideen und Chancen zu verwerfen ist unseriös und verwerflich. Denn nur, wenn wir Leben in die „Bude“ bringen, werden Eltern mit ihren Kindern und Senioren, die gerne innenstadtnah wohnen möchten, die Grün- und Spielflächen ohne Pöbeleien nutzen können. Es wird wohl kaum jemand leugnen, dass die tatsächliche Nutzung des Stadtparks gerade wegen solcher, ich drücke das mal vorsichtig aus, „Unannehmlichkeiten“, weit hinter den Möglichkeiten zurückbleibt. Zerschlagene Bierflaschen, benutzte Spritzen, Hundekot – diese Schlagwörter haben bis dato die Schlagzeilen auch für die heute vermeintlichen Retter des Stadtparks beherrscht.

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
Sie haben gemeinsam mit Ihrer Verwaltung ein für Oer-Erkenschwick umfassendes, vielleicht sogar einmaliges Konjunkturprogramm auf den Weg gebracht, das ist gut so, und findet unsere volle inhaltliche Zustimmung.

Investitionen in die Infrastruktur unserer Stadt sind die notwendige Voraussetzung für Fortschritt und Entwicklung. Stillstand ist nicht unser Geschäft und nicht unser öffentlicher Auftrag. Und ich bin froh, dass wir trotz etlicher inhaltlicher Gegensätze, in der CDU, der BOE und der Linken verantwortungsbewusste politische Partner an unserer Seite wissen.
Nur so wird es gelingen, die unterschiedlichen Interessen, die bei der Diskussion über ein modernes Mobilitätskonzept, in dem wir völlig neue Wege gehen müssen, unter einen Hut zu bringen. Ich gebe ehrlich zu, dass mir die Vorstellung, den Individualverkehr aus dem Stadtzentrum zu verbannen, schwerfällt und manchmal nicht wirklich behagt. Aber ja, wir müssen in Sachen Klimaschutz neue Wege gehen und müssen uns dabei neuen, ungewohnten Herausforderungen stellen. Wir müssen teilweise raus aus unserer Komfortzone, aber bitte mit der entsprechenden Nachhaltigkeit. Das heißt, wir müssen umweltbezogene Ziele gleichberechtigt mit wirtschaftlichen und sozialen Zielen anstreben und nicht radikal, wie es die Grünen immer wieder fordern. Meist wir dabei vergessen das es auch um Arbeitsplätze und Existenzen geht. Ich kann nicht regenerative Energien fordern und gleichzeitig Windräder verhindern. Ich kann nicht sozialen Wohnungsmarkt fordern und gleichzeitig jegliche Flächenausweisung verhindern und nötige Investoren vertreiben. Ich kann nicht Klimanotstand fordern und gleichzeitig behaupten, das kostet nichts. Wir, die Verantwortungsträger in dieser Stadt, müssen diese Widersprüchlichkeiten aufklären und im Sinne aller Bürgerinnen und Bürger Entscheidungen treffen. Und ja, gerade bei der Umsetzung des Mobilitätskonzeptes werden wir uns als transparent, kommunikativ und kompromissbereit zeigen müssen. Die SPD ist bereit, die finanziellen Voraussetzungen sind geschaffen, und wir fordern gerne alle zum Mitmachen auf.

Meine Damen und Herren,
die Schulpolitik in unserem Land ist unter der Regentschaft der grünen Schulministerin ziemlich gegen die Wand gefahren worden. Selbstkritisch müssen wir feststellen, dass unsere Genossen in Düsseldorf sich nicht ausreichend dagegen aufgelehnt haben. In Oer-Erkenschwick existiert, Gott sei Dank, schulpolitischer Konsens zwischen Rot und Schwarz. Das dreigliedrige weiterführende Schulsystem funktioniert und selbst die „gefühlt“ letzte Hauptschule in NRW hat die Dreizügigkeit erreicht. Auch die Schülerzahlen an der Realschule und am Gymnasium haben sich auf hohem Niveau verstetigt. Dass insgesamt die Bevölkerungsentwicklung mit stark ansteigenden Kinderzahlen für Oer-Erkenschwick positiv verläuft, haben die professionellen Statistiker auf Landes- und Bundesebene Anfang des Jahrzehnts, nicht erkannt.

Deswegen haben wir aktuell nicht nur Raumprobleme bei den Kindergärten, sondern über kurz oder lang auch in den Grundschulen und auch am Schulzentrum. Deswegen ist es folgerichtig, kurzfristig in 10 neue Kindergartengruppen zu investieren. Folgerichtig ist es auch, die Ewald- und Albert-Schweitzer-Schule bedarfsgerecht auszubauen. Und folgerichtig findet auch die Erweiterung der Paul-Gerhardt-Schule mit 1,5 Millionen Euro Eingang in die Finanzplanung.

Ein ganz wichtiger Baustein für eine schulische und berufliche Perspektive ist die Umsetzung des Digitalpaktes. Rund 1,5 Millionen Euro fließen in den Ausbau der Infrastruktur, die Modernisierung der Präsentationstechniken im Unterricht und in mobile oder stationäre Endgeräte. Aber Vorsicht, wir müssen auf die Folgekosten achten und wir müssen bedenken, dass Schüler, Eltern und Lehrer bei der Umsetzung nicht überfordert werden. Nicht für Jedermann ist der Umgang mit technischen Neuerungen selbstverständlich. Deshalb muss es ausreichend Schulungen geben und wir als Schulträger müssen für den notwendigen Support sorgen. Eine Funktionsstelle ist hierfür im Stellenplan bereits eingerichtet. Es gilt jedoch, die weitere Entwicklung zu beobachten und nötigenfalls zu reagieren.

Vereine und Verbände in der Stadt und SPD haben gemeinsam eine lange Tradition. Bei unserer Veranstaltung im letzten Monat in der alten Feuerwache in Rapen, heute das Domizil der Karnevalisten, haben wir intensiv über die Entwicklung der Sportanlagen und Sportstätten diskutiert. Im Großen und Ganzen herrscht nach meiner Auffassung eine „angemessene“ Zufriedenheit mit unserer sportpolitischen Leistungsbilanz. Mit der neuen 2-Feld-Sporthalle am Schulzentrum, für die über 3 Millionen Euro bereitgestellt werden, wird schon bald die, aufgrund der Abgänge und Bauphase, vorhandene Lücke bei den Hallenkapazitäten geschlossen und das Sportstättenangebot aufgewertet. Darüber hinaus nehmen in Oer-Erkenschwick 5 Fußballvereine am Wettkampfbetrieb teil und mit Umsetzung der fast 2,5 Millionen teuren Neubaumaßnahme bei FC und der Erneuerung der Jule-Ludorf-Anlage bei der Spielvereinigung verfügen dann 4 Vereine über einen modernen Kunstrasenplatz. Wir Sozialdemokraten werden aber auch bei Titania am Ball bleiben und nach Möglichkeiten Ausschau halten, den Ascheplatz zu ersetzen.

In welcher Weise die halbe Million Euro aus dem Sanierungsprogramm „Modere Sportstätten 2022“ den Oer-Erkenschwicker Vereinen zugutekommt, darüber entscheidet der Stadtsportverband im Rahmen der Fördermöglichkeiten. Allerdings muss die Unterhaltung von Dach und Fach, wie man so schön sagt, in der Verantwortung der Vereine liegen. Das schränkt die Nutzungsmöglichkeiten ein. Wenn allerdings die Fördermittel nicht direkt durch die Vereine ausgeschöpft werden können, dann stehen wir Sozialdemokraten gerne zur Verfügung, das vorhandene Geld über die Umwegfinanzierung „Stadt“ an die Sportvereine fließen zu lassen.

Sport, Freizeit, Erholung. Das alles verkörpert unser Maritimo. Damit das so bleibt, müssen und wollen wir investieren. Vor rund 1 ½ Jahren ist es uns gelungen, das Maritimo vor der drohenden Schließung zu bewahren und den gesamten Betrieb in eine kommunale GmbH zu überführen. Wir konnten trotz aller widrigen Umstände die Arbeitsplätze sichern, aber auch eines der wenigen regionalen Leuchtturmprojekte für unsere Stadt erhalten. Diesen ersten Schritt sind wir gegangen. Jetzt dürfen wir nicht stehen bleiben. Die Fördermittel fürs Freibad stehen zur Verfügung, die Machbarkeitsstudie liegt auf dem Tisch. Insgesamt betragen die Investitionen 7 Millionen Euro im Freibad und rund 20 Millionen Euro im Maritimo selber. Eine gewaltige Summe. Deshalb muss die weitere Vorgehensweise sorgfältig und verantwortungsbewusst abgewogen werden. Deshalb muss die wirtschaftliche Perspektive für den Bäderbetrieb stimmig sein. Ich weiß als Gesellschafter, mit welcher Intensität und mit welchem Hochdruck Geschäftsführung und Verwaltung an der Entwicklung einer Lösung arbeiten. Tatsache ist, eine jährliche Verlustabdeckung in Höhe von rund 1 Million Euro ist dauerhaft in dieser Form nicht tragbar. Aber neben den wirtschaftlichen und entwicklungspolitischen Aspekten ist das Maritimo auch existenziell für die Durchführung des Schul- und Vereinssports sowie für die Schwimmausbildung unserer Kinder und Jugendlichen. Das bundes- und landesweite Schwimmbadsterben möchte ich nicht mitverantworten. Das allein ist für mich persönlich schon Grund genug, für die Sanierung und Modernisierung zu plädieren. Allerdings glaube ich auch an den wirtschaftlichen Erfolg. Wir werden zwar nicht ohne städtische Zuschüsse auskommen, aber Verlustabdeckung und Pachtzahlungen könnten sich annähern. Bedenkt man die Arbeitsplätze, Kaufkraftgewinn und Umsatzsteueranteile kann es unterm Strich ein lohnendes Projekt werden.

Wahrscheinlich wird sich aber auch hier wieder die politische Spreu vom Weizen trennen und ich müsste mich schwer täuschen, wenn sich die Oberbedenkenträger nicht wieder mal verweigern, Verantwortung zu übernehmen. Aber sie werden auch wieder mal keine realistische Alternativen benennen.
Ich habe in meiner Rede bewusst auf Begriffe wie Altschuldenentlastung, Konexität, oder Kreisumlagen verzichtet, das können wir nur marginal beeinflussen, wichtig ist die Entwicklung und die Zukunft in unserer Stadt darzustellen und zu sichern.

Herr Bürgermeister, meine Damen und Herren,
ich fasse mich kurz. Die SPD stimmt dem Haushalt 2020 und dem Haushaltssanierungsplan bis 2023 zu.